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Gevatter Tod (2. Kapitel)

Autorenbild: Jan SchäfJan Schäf

Aktualisiert: 31. Okt. 2022

Auf des Vaters Arm



Ein Weg aus der Stadt hinaus. Wiesen und Felder sind zu sehen. Der Tag ist schön. Auch ein Galgen auf einem Hügel. Daran ein Mensch.


Der Alte trägt sein Kind zum Brunnen

der Vorsatz ist es zu ertränken

der arme Mann sieht keine Wahl

er kann das Kind nicht mit ernähren.


Es sind schon zwölf an der Zahl

doch seine Münzen reichen kaum für zwei

bis jetzt bracht er's nicht übers Herz

doch diesmal soll das Kind nicht leben.


Da kommt ihm auf dem Weg der Herr entgegen

mit Milde bietet Gott das Amt des Paten

doch lehnt der Vater ab und sagt verdrossen:

du gibst den Reichen und lässt den Armen hungern.


Der Herr steht fassungslos und lässt ihn ziehn

der Arme flieht, die Nacht kommt übers Land

da sitzt der Teufel auf einem Baumstamm

Gevatter will er werden und bietets ihm auch an.


Gar grimmig schaut der Arme auf den Teufel

der lacht und scherzt und bittet um das Kind

doch brummt der Arme zum Verführer: betrügst die Menschen

dir will ich nimmer dienen und zieht dann einfach weiter.


Als schon der Morgen wieder graut

begegnet er dem Tod höchstselbst

der sitzt auf einem schwarzen Gaul

die Augen blitzen, das Gesicht ein Totempfahl.


Auch er empfiehlt sich für das Kind

der Arme zögert, doch der Tod hat Argumente

es soll dem Jungen später an nichts fehlen

und auch dem Menschen wird er nützlich sein.


Der arme Mann bedenkt es wohl

dann nickt er und sagt: so soll es sein

du bist der Tod, der alle gleich macht

das ist Gerechtigkeit, vielleicht die einzige.


So wurd der Tod Gevatter und auch

der Mann und seine Frau und auch

die andren Kinder, sie alle sollten etwas davon haben

von seiner Großmut und den guten Gaben.


Doch war es wirklich Großmut, die den Tod berief

immerhin: Gott und der Teufel sind brüskiert

sind das vielleicht nicht wahre Gründe

hat das den Tod nicht köstlich amüsiert?


Wo er doch selbst kaum je an etwas Anteil nimmt

tagein, tagaus nur seine Pflicht erfüllt

die Menschen vor den Thron zu bringen

das Urteil hat ihn dabei nie besonders interessiert.


Nur selten und das ist auch kein Geheimnis

da wollte es der Tod dann doch genauer wissen

da war der Schuft, der selbst die Freunde gern betrog

der Trinker, der seine Frau trieb an den Strick.


Dort warf der fahle Mann den Blick zurück

und sah den Teufel seine Hände reiben

beim breiten Strom an frischen Seelen

dem Kind auf Vaters Arm, die Zukunft anzuzeigen.


Auch sollte diesmal nicht geschehen, wie oft

nahm er die Frau schon nach den Wehen

und überließ das Neugeborne seinem Schicksal

das selbst Hartgesottne nicht verstehen.


Der Vater: Was treibt dich Tod?

Der Tod: Das Leben.

Der Vater: Als Tod?

Der Tod: Ohne das Leben keinen Tod. Man sagt ja, ich nehme keinen Anteil. Das aber ist ein Gerücht. Mich interessiert der Anfang allen Lebens, sein Ende ist mir kein Geheimnis mehr. Wenn dem Kinde nur kleine Chancen bleiben, da es dem Tode näher als dem, was eine Zukunft wäre. So will ich nun sehen, was in ihm schlummert. Das weckt bei mir die Neugier und Impulse. Da nehm ich Anteil als Gevatter. Nun, guter Mann, geh nach Haus und lege ihn in die Arme seiner Mutter.

Der Vater: Was ist das für eine Zukunft, die da auf ihn wartet?

Der Tod: Das wird man sehen. Noch ist sie nicht gestartet. Zuerst einmal, spar nicht an Liebe und an Bildung. Hier liegt bei vielen nämlich, die große Lebenstäuschung.


Der Vater dankt dem Tod, deutet eine Verneigung an und geht in Richtung Stadttor.


Ich hab dem Tod meinen Sohn als Gevatter gegeben

wo ich ihn doch habe ermorden wolln

ließ dafür den Herrn und den Teufel stehn

ich glaub, dass alles wird kein gutes Ende nehmen.


Meine Mutter sagte doch immer: Sohn, mit hohen Herrn

und Damen, da legt man sich nicht an, sei da klug

ihr Vermögen und die Macht, wie bekamen sie das denn?

ich sag es dir: Sie bekamen es durch Lug und Trug.


Doch wenn du, kleiner Mann, durch den Gevatter

einmal ein großer wirst, wird dich ähnliches ereilen?

Kann ich dir, trotz des Paten ein Vater sein

als Vorbild und Ratgeber dir gute Lektionen erteilen?


Nur darf er niemals erfahren, welche Tat ich an ihm

begehen wollt, meine Albträume werden ganz allein

mir zuteil, erst in den Feuern der Hölle bin ich dann

wieder heil.



© 2022 by Jan Schäf

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